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Das ASO über die Aargauer Grenzen hinaus zu einer Marke machen

Autor Michael Sokoll

07.05.13 04:30

Das Aargauer Symphonie Orchester ist ein kultureller Leuchtturm in unserem Kanton und feiert dieses Jahr sein 50jähriges Bestehen. Das klassische Aushängeschild ist schon bald auch wieder im Trafo Baden zu Gast. Am 1. Juni lädt das Orchester zu einem "Fantastischen Abend" in die Trafohalle ein. Seit August 2012 führt Christian Weidmann das ASO als neuer Geschäftsführer - und hat grosse Pläne.

Christian WeidmannChristian Weidmann, Sie haben schon bald nach Abschluss Ihres Studiums die "Seiten" gewechselt, vom Geiger zum Künstlerischen Manager. Warum?

Ich war schon ganz früh fasziniert von all den Aufgaben, die es rund um ein Ensemble zu erledigen gibt. Schon als 16jähriger habe ich mein erstes eigenes Orchester gegründet - und war auch dort zuständig für alles Administrative. Es hat mir damals schon grossen Spass gemacht, dafür zu sorgen, dass die verschiedenen Puzzle-Teile schliesslich am richtigen Ort landen. Ich bin einfach der Organisationstyp - und habe diesen Schritt nie bereut.

Kommt manchmal Wehmut auf, wenn Sie einem Orchester zuhören und dabei wahrscheinlich die Geiger speziell beobachten?

Natürlich. In diesen Momenten habe ich vielleicht manchmal etwas "Heimweh" - aber mein aktueller Job ist derart ausfüllend und befriedigend, da ist dieses Gefühl sehr schnell wieder weg.

Wie häufig kommen Sie heute noch dazu, Geige zu spielen?

Kaum mehr. Mein Job ist momentan sehr intensiv und zeitraubend - das bisschen Zeit, das noch bleibt, wende ich deshalb ausschliesslich für meine Familie auf. Wenn ich dann aber doch mal die Geige in die Hand nehme, realisiere ich schnell, dass die Feinmotorik ohne Übung sehr nachgelassen hat. Meine Finger genügen meinen Ansprüchen nicht mehr, deshalb lege ich die Geige dann schnell wieder beiseite...

Sie sind ein "künstlerischer Manager". Worin besteht ihr Job als Geschäftsführer genau?

Als Geschäftsführer habe ich die Gesamtverantwortung für das ASO: künstlerisch, planerisch und finanziell. Ich bin tagtäglich in einem kreativen Prozess, in dem ich die Ideen der verschiedenen Menschen, mit denen ich zu tun habe, unter einen Hut bringen muss: Die Vorgaben des Vorstandes, der Bildungsauftrag, die Vorstellungen eines künstlerischen Leiters Douglas Bostock und und und. Alle Aspekte und Argumente muss ich gegeneinander abwägen, beurteilen und dann die entgültige Entscheidung fällen. Dazu bin ich natürlich auch dafür zuständig, neue Geldquellen zu öffnen und dafür zu sorgen, dass alle Rechnungen und Löhne bezahlt werden können.

Sie sind seit August 2012 Geschäftsführer des Aargauer Symphonie Orchesters ASO. Was hat Sie an diesem Job gereizt?

Das ASO geniesst einen hervorragenden Ruf und ist seit Jahren als qualitativ hochstehendes Ensemble bekannt. Musikalisch gesehen geht es also darum, dieses Niveau zu halten und sogar noch zu steigern. Mit meiner Anstellung wurden nun auch in der Administration die Strukturen professionalisiert. Ich darf also hier meine Vorstellungen und Ideen einbringen und verwirklichen. Ein spannender Spielplatz!

Aargauer Symphonie Orchester ASOWas sind die grössten Herausforderungen eines Symphonie-Orchesters in der heutigen Zeit?

Es gilt, die Wahrnehmung des ASO über die Kantonsgrenze hinaus zu stärken und neues Publikum zu generieren. Aber auch innerhalb unseres Kantons muss das ASO noch präsenter werden, muss mehr in die Regionen gehen. Wir wollen unsere Aktivitäten vernetzen, Schulen besuchen und dadurch vermehrt junge Menschen für Klassische Musik begeistern. Das ASO soll zu einer festen Marke werden!

Haben junge Menschen heute überhaupt noch ein Ohr für Klassik oder dreht sich heute alles Musikalische rund um Justin Bieber und Lady Gaga?

Ich erfahre junge Menschen als sehr offen, was die Klassische Musik angeht. Viele fehlt aber der Zugang, weil ihre Eltern andere Musik hören. Hier können wir viel Goodwill schaffen, eben, in dem wir auf die jungen Leute zugehen und sagen: "Hey, hör mal, was wir hier haben - und mach mit!"

Was sind für Sie die schönsten Momente in Ihrem Beruf?

Wenn bei einem Projekt oder einem längeren Prozess mit unzähligen Gesprächen und Entwicklungen die einzelnen Puzzlestücke immer mehr an die richtigen Stellen fallen und schliesslich zu einem fertigen und gelungenen Ganzen werden. Wenn meine Arbeit bei den Menschen im Konzertsaal auch noch glückliche Gesichter hervorruft, ist mein berufliches Glück perfekt.

Wie heftig gibt es in Ihrer Familie jeweils Streit bei der Wahl des Radioprogramms?

Selten. Wenn wir im Auto fahren und Radiomusik angesagt ist, entscheidet in der Regel meine dreieinhalbjährige Tochter Cosima, was sie hören will. Für mich als Vater ist es schön zu realisieren, dass sie regelmässig frei zwischen Tschaikowskis "Nussknacker" und "47 Millionaires" von 77 Bombay Street hin und her wechselt.

Am 1. Juni spielt das ASO das Konzert "Fantastisch" in der Trafohalle. Auch was für Klassik-Muffel?

Unbedingt. Es wird ein spektakulärer Abend mit bekannten Werken grosser Kommponisten. Auf und neben der Bühne ist viel Action angesagt - und einige Überraschungen. Was bei "Fantastisch" abgeht ist für jeden Musik-Fan ein Hochgenuss...


Christian Weidmann in Kürze:
geboren am 16.6.75, Adliswil. Aufgewachsen in Chur. Lebt mit seiner Ehefrau Giulia und seinen Kindern Cosima (3) und Joshua (1) in Seengen.

Bisherige Stationen:
Kammerphilharmonie Graubünden,
Assistenz-Intendant beim St. Moritz Festival/Snow and Symphony Orchesterdirektor beim Sinfonieorchester Aachen (D)
Orchestra & Project Manager bei der international tätigen Orchesteragentur AMC
Ballettdirektor beim Zürcher Ballett/Opernhaus Zürich
Geschäftsführer und Gründer des Sommerfestivals Waldhaus

Drei Adjektive, die mich am treffendsten beschreiben:
ungeduldig, insistierend, offen
Ich mag es...
...wenn am Schluss alles zusammenpasst...
Ich ärgere mich regelmässig...
...über meine Ungeduld
Meine liebste Fernseh-Sendung...
...ich bin ein TV-Kind und schaue alles, was gerade kommt. Serien, Krimis, Dokumentar-Filme. Bei Quiz-Shows nur "Wer wird Millionär" mit Günter Jauch.
Mein letzter Kino-Film...
...ist wegen unserer jungen Familie schon eine Weile her, aber das muss "Avatar" / "Slumdog Millionaire" gewesen sein.
Mein aktuelles Buch...
"Signal and The noise" von Nate Silver. Es geht der wissenschaftlichen Frage nach, wie man aus der Überflut von Signalen die richtigen und wichtigen herausfiltern kann, um seine eigenen richtigen Entscheidungen zu treffen.
Am besten schalte ich ab...
... im Kreis meiner Familie.
Mein Lieblingsessen...
...ist selber gekocht. Weniger was als wie. Ich mag alles, das mit wenig Fett gekocht und authentisch schmeckt.
Mein Lieblingsgetränk...
je nach Situation Kaffee oder Rotwein.

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Kategorie: Events im Trafo Baden