"Jeanclaude Biver spricht über tote Fische" - mit dieser überraschenden Ankündigung von Moderator Hugo Bigi betrat Jeanclaude Biver die Bühne des gestrigen KMU Swiss Forum in der Trafohalle. Der visionäre Uhren-Unternehmer (Blancpain, Omega, Hublot, wo er heute Verwaltungsratspräsident ist) setzte gleich zu Beginn das Highlight des Tages.
Der 64jährige begeisterte das Publikum mit einem launigen, witzigen, bissigen und anekdotischen Referat. "Wer Fische im Fluss beobachtet, der stellt folgendes fest", so Biver. "Auf der Suche nach Nahrung schwimmen Fische entweder gegen den Strom, oder sie stehen im Strom. Wenn sie tatsächlich mal flussabwärts schwimmen, dann ganz sicher schneller als die Strömung. Deshalb stimmt das chinesische Sprichwort: nur tote Fische schwimmen mit dem Strom".
Mit dieser Allegorie nahm Jeanclaude Biver auf brillante Art und Weise das Thema des gestrigen KMU Swiss Forum auf, das bereits zum elften Mal im Trafo Baden durchgeführt wurde. "Mut, Glaube, Veränderung - Megatrends".
Ins Leben gerufen wurde das Forum vor elf Jahren von Armin Baumann (Bild unten: "Ich habe KMU SWISS initiiert, weil ich nach Taten und nicht nach Worten gelüste"). Seitdem ist der Anlass jedes Jahr gewachsen und lockte am Donnerstag über 400 Interessierte aus der ganzen Schweiz, aber auch aus Deutschland und Liechtenstein ins Trafo Baden. Alle wollten sich an diesem Tagesseminar mit Referaten, Präsentationen und Gesprächen neue Inputs und Ideen für den eigenen Alltag holen.
Sechs Referenten gaben ihre persönliche Sicht zum Thema preis. Darüber, wie man Trends der Gesellschaft, der Wirtschaft und der Geschäftswelt frühzeitig erkennen und selber agieren kann - und nicht im Nachhinein darauf reagieren muss. Über die Kunst, Trends richtig beurteilen zu können und nicht jedem Strom blind zu folgen. Aus schicksalshaften Fügungen der Wirtschaftslage ein erfolgreiches Geschäftsmodell zu machen. Und schliesslich ging es beim KMU Swiss Forum natürlich darum, Kontakte zu knüpfen: bestehende, aber auch ehemalige oder potentielle Kunden und Partner zu treffen. "Networking" heisst das heute. Das ganze kulinarisch abgerundet mit leckeren Köstlichkeiten aus der Küche des Trafo Baden.
Freie Fahrt in grosse Zukunft
Zurück zu Jeanclaude Biver. Seine Erzählungen zogen alle in den Bann. Seine Ausführungen über die desaströsen politischen und wirtschaftlichen Zustände im nahen und fernen Ausland - dagegen die blühende Wirtschaft in der Schweiz, mit beinahe paradiesischen Voraussetzungen für weltweiten Erfolg. Beispiele? NESPRESSO, das dank Innovation und Marketing den Kaffee-Weltmarkt aufgemischt hat, ohne das Produkt selber zu besitzen. Oder Schindler, der Marktführer bei den Liften. Überraschend deshalb, weil die Schweiz nicht gerade als Hochburg von Wolkenkratzern gilt...
Die Message von Biver war klar: wir sitzen in der Schweiz auf einem Tresor mit Zutaten für weltweiten Erfolg. Ein stabiles und funktionierendes Gesellschaftssystem, einzigartige Ausbildungsmöglichkeiten und die Lust auf Fleiss. "Wer in anderen Ländern einen Franken hat, gibt zwei aus. Wer in der Schweiz einen Franken ausgeben will, schaut, dass er erst mal zwei Franken verdient hat", so Biver. Deshalb seien Schweizer Ideen, Knowhow, Dienstleistungen, Produkte und Mitarbeiter auf der ganzen Welt angesehen und begehrt. Die Voraussetzungen sind da: Freie Fahrt der Schweiz in eine grosse Zukunft. Also: ersten Gang rein und los gehts!
"In all den erfolgreichen Projekten in meiner Karriere mussten drei Stichworte erfüllt sein", so Biver weiter. "Einzigartig, anders und als erster auf dem Markt" - wenn nur einer dieser Voraussetzungen nicht erfüllt ist, hat das Produkt keine Chance. So gab der Uhren-Manager damals nicht auf, um in seinem Betrieb nach einer Möglichkeit zu suchen, seine Gold-Uhren kratzfest zu machen. Das Edelmetall war zwar kostbar, aber eben nicht unzerstörbar. Und so blieb er hartnäckig und setzte sich gegen viele Experten durch, die alle sagten: "Unmöglich". Ein Wort, das ein Biver gar nicht gerne hört - und erst recht anstachelt. Er investierte in Forschungen und kam schliesslich tatsächlich auf eine Legierung, die Gold kratzfest macht - und heute ein Vielfaches der Investition wert ist.
Lean-Award für Hilti AG
Bereits zum dritten Mal wurde im Rahmen des Swiss KMU Forum der "Lean Award" vergeben, die einzige nationale Auszeichnung für Spitzenleistungen auf der Basis der Lean-Management-Philosophie. Ausgezeichnet werden Unternehmen und Organisationen, die "Lean Gedanken" in ihren Unternehmensprozessen leben und umsetzen. Dieses Jahr überreichte Jury-Präsident Dr. Uwe W. Schulz diesen Preis der Hilti AG (Bild unten), weil diese gemäss der «Lean-Philosophie» arbeitet und dadurch Arbeitsplätze in der Schweiz nachhaltig sichert.
Weitere Spitzen-Manager stellten ihre Unternehmungen und Projekte vor und zeigten auf, wie sie selber ebenfalls neue Wege gegangen sind - und damit Erfolg hatten, auch wenn es manchmal ein steiniger Weg war. Das KMU Swiss Forum 2013, einmal mehr inspirierend, anregend und motivierend für alle Beteiligten. Oder um es in den Worten von Hublot-Verwaltungsratspräsident Jeanclaude Biver zu sagen: "Gehen Sie neue Wege, seien Sie anders", so Bivers Appell. "Sie wollen doch kein toter Fisch sein..."
Berührender Film über Baden
Sämtliche Teilnehmer des KMU Swiss Forum kamen im Anschluss an das Tagesseminar im Trafo Baden in den Genuss, an einer Filmpremiere dabei zu sein. Auf Einladung des Badener Stadtrats wurde im Rahmen vom "Marktplatz Baden" der neue Stadtfilm gezeigt. "Baden - Menschen Stadt Geschichten" heisst das wundervolle Werk von Regisseur Michael Spindler - einem Zürcher, notabene. Sein Stadt-Portrait verzichtet komplett auf Zahlen und Fakten, setzt ausschliesslich auf Geschichten und Emotionen. "Zahlen einer Stadt sind kurzlebig, austauschbar und unter dem Strich weder emotional noch wirklich relevant für einen solchen Image-Film", so Thomas Lütolf (Bild rechts), Leiter Standortmarketing.
"Wir wollten mit diesem Projekt Menschen zeigen, die hier wohnen, leben und lieben und damit Baden zu dem machen, was es ist. Das ist mehr als gelungen".
Das Premieren-Publikum im Trafo-Saal hatte nur lobende Worte für den berührenden Film mit authentischen Geschichten von Menschen, die hier wohnen, arbeiten, leben oder eine neue Heimat gefunden haben.
Produzent Hubert Staubli ("Avista") kam vor zwei Jahren mit dieser Film-Idee auf Thomas Lütolf zu - dieser war sofort Feuer und Flamme. Das Konzept sah eine Produktion mit spektakulären Kamerafahrten, vielen Drehorten, vielen Darstellern und toller Musik vor.
Das Budget für dieses ambitionierte Projekt hätte die finanziellen Möglichkeiten der Stadt aber gesprengt, deshalb ging Thomas Lütolf auf die Suche nach Firmen, die diesen Film unterstützen. Er wurde schnell fündig, denn die Produktionsfirma Avista stellte - "à fonds perdu" quasi - Filmaufnahmen zur Verfügung, die bereits aufzeigten, mit welch spektakulären Bildern der Film später begeistern sollte. "Von diesen Aufnahmen wurde nun keine Sekunde verwendet", so Lütolf, "aber sie öffneten uns die Türen zu den Sponsoren." Dank der Offenheit und der überschaubaren Grösse von Baden war es möglich, dass Firmen, Kulturschaffende und Behörden gemeinsam ein solches Projekt realisieren konnten. «Menschen – Stadt – Geschichten ist ein gutes Beispiel für eine erfolgreiche Zusammenarbeit mit der Wirtschaft und der Kulturszene», erzählt Thomas Lütolf.
Geschichten laufend weitererzählen
Der Film zeigt - natürlich - Baden von seiner schönsten Seite, und er ist unvollständig. Aber das gehört zum Konzept des 20minütigen Werkes. "Baden - Menschen Stadt Geschichten" ist modular aufgebaut und kann deshalb problemlos immer wieder ergänzt werden. Die Stadt bewegt sich und entwickelt sich weiter, so soll das auch mit dem Portrait über Baden sein.
Der Film soll in Zukunft Mitarbeitern grosser internationaler Firmen auf dem Platz Baden (z.B. Alstom, ABB, AXPO) gezeigt werden und ihnen zeigen, in welchem Juwel von Kleinstadt sie zur Zeit arbeiten. Ebenfalls eine Zielgruppe: Gäste im Trafo Baden, die an Seminaren und Tagungen zwar einen Tag in Baden verbringen, aber von der Stadt, ihrer Schönheit und Eigenheit nichts mitbekommen. Der Film ist aber nicht nur für Auswärtige lohnenswert, auch Ur-Badener überrascht er mit neuen Blickwinkeln und unbekannten Facetten. "Baden - Menschen Stadt Geschichten" ist per sofort für alle online zugänglich und steht in verschiedenen Sprachfassungen sowie als Kurzversion zur Verfügung.
Fotos: Rolf Jenni (Bildraus.ch)