In der Schweizer Nahrungsmittelkette werden jährlich bis zu zwei Millionen Tonnen einwandfreier Lebensmittel einfach vernichtet. Dabei handelt es sich um Waren, die kurz vor dem Verfalldatum stehen, aus Überproduktionen stammen oder deren Verpackung beschädigt ist. Der Verein "Tischlein deck dich" engagiert sich seit 1999 dafür, dass diese Lebensmittel sozial gerecht und ökologisch sinnvoll umverteilt werden. Und zwar an Menschen, die in einem finanziellen Engpass leben. Vor kurzem ging im Trafo Baden die alljährliche Generalversammlung über die Bühne. Grund genug, dieser gemeinnützigen Institution den heutigen Blog zu widmen.
Alles begann 1999 als Anja Hübner, die Gattin des damaligen Direktors der CC Prodega Howeg AG, nicht mehr verkäufliche, aber noch einwandfreie Lebensmittel von den Prodegamärkten und der Howeg an armutsbetroffene Menschen abgeben wollte. Als Vorbild dienten ihr die Organisationen "City Harvest" aus New York und die Tafeln aus Deutschland. Beide Institutionen verteilen überschüssige Lebensmittel von Restaurants und Warenhäusern an Armuts-Betroffene.
Hübners Idee stiess bei der Geschäftsleitung auf offene Ohren. Beat Curti, damaliger Mehrheitsaktionär der Bon-Appétit-Group, ermunterte Hübner zum Handeln und unterstützte sie mit einem Betrag aus seiner Privatschatulle. Zusammen mit Toni Suter, einem Howeg-Chauffeur, transportierte Anja Hübner die Lebensmittel an die beiden Abgabestellen in Oerlikon und ins «Open Heart» in Zürich. Das Angebot an Produkten war da noch bescheiden, und obwohl die Idee bei den Lebensmittelfirmen Anklang fand, hielt sich die Spendefreudigkeit in Grenzen.
Samuel Sägesser brachte den Verein auf Trab
Drei Jahre später setzte die Bon-Appétit-Groupe einen eigenen Geschäftsführer ein, Samuel Sägesser. Dieser brachte "Tischlein deck dich" so richtig auf Trab. Allerdings ging auch diese Phase nicht ohne Schwierigkeiten ab, denn in der Schweiz herrscht das Motto "was nichts kostet, ist auch nichts wert". Aus diesem Grund führte "Tischlein deck dich" einen symbolischen Geldbetrag ein: jeder wöchentliche Lebensmittelbezug kostet einen Franken.
2005 wurde Coop dritter Hauptsponsor (neben Prodega und Howeg) und unterstützt die Macherinnen und Macher seither nicht nur finanziell, sondern auch mit zahlreichen Produktspenden.
2006 sprengte "Tischlein deck dich" die Sprachgrenze: gleich drei Abgabestellen wurden im Tessin eröffnet. 2009, zum 10-Jahre-Jubiläum, konnte dank Unterstützung von Sponsoren erstmals ein professioneller Fahrer angestellt und ein neuer 7,5-Tonnen-Lastwagen angeschafft werden.
Heute gibt es in der Schweiz 85 Abgabestellen. Pro Woche versorgt "Tischlein deck dich" 13’550 Personen mit einwandfreien Lebensmitteln. Letztes Jahr verteilte "Tischlein deck dich" 2'300 Tonnen Lebensmittel und füllte damit über 12 Millionen Teller armutsbetroffener Menschen. 1’830 (resp. 1‘875 mit Tables du Rhône) freiwillig Mitarbeitende, Personen aus Beschäftigungsprogrammen und Zivildienstleistende arbeiten für die Nonprofit-Organisation.
Die Tischlein-Kunden sind sehr dankbar, dass ihr knappes Haushaltsbudget dank der wöchentlichen Lebensmittelverteilungen entlastet wird. "Die Reaktionen der betroffenen Menschen an der Armutsgrenze sind berührend und gehen immer wieder ans Herz", meint Kommunikationsmitarbeiterin Marianne Wagner. Und jeder von uns kann mithelfen: "Einerseits können Privatpersonen als freiwillig Mitarbeitende an einer Abgabestelle die Organisation unterstützen. Andererseits können Sie bei sich Zuhause versuchen, keine Lebensmittel wegzuwerfen."
"Wir haben uns im Trafo Baden sehr wohl gefühlt"
Vor kurzem ging im Trafo Baden die alljährliche Generalversammlung über die Bühne. Diese findet immer an einem Ort statt, an dem sich auch eine "Tischlein-deck-dich"-Abgabestelle befindet. Das Freiwilligenteam Baden wollte die GV schon seit längerem nach Baden holen und schlug das Trafo als Lokalität vor. "Wir waren sehr zufrieden mit dem Anlass, alles hat gepasst", schwärmt die Kommunikationsfrau von "Tischlein deck dich". "Ganz besonders hat uns gefallen, dass wir beim Kaffeeservice beim Empfang und dem Mittagsservice mithelfen durften. Die Zusammenarbeit der Service-Profis und -Laien funktionierte hervorragend!" Entsprechend würde Marianne Wagner das Trafo Baden auch für andere Institutionen weiterempfehlen: "Das Gesamtpaket hat perfekt gestimmt, die Lage und vor allem die Betreuung waren professionell. Wir haben uns sehr wohl gefühlt."
Wie auch Sie helfen und den Verein aktiv unterstützen können, erfahren Sie hier.