Liebe Leserin, lieber Leser. Wie schon in früheren Beiträgen berichtet, ist die Trafogeschichte lang und spannend. Immer gibt es wieder neue Entdeckungen: Wer weiss noch, dass es früher im Trafo einmal ein Strahlenlabor gab?
Durch Vermittlung von ETH-Professor Paul Scherrer kam 1946 der norwegische Elektroingenieur Rolf Wideröe zu Brown Boveri nach Baden. Dieser hatte einen Teilchenbeschleuniger, das Betatron, erfunden und suchte ein Unternehmen, das in der Lage war, diesen Apparat zu bauen.
BBC war an der zivilen Nutzung der Atomenergie interessiert und verfügte über das nötige Know-how in der Hochvakuumphysik und im Bau elektrischer Maschinen. Da im Keller des 1943 eröffneten Hochspannungslabors elektrische Installationen und genügend Platz vorhanden waren, wurde dort das erste Versuchslabor für Strahlenphysik eingerichtet. Später wurde dieses in das Laborgebäude am Bogenweg verlegt.
Wideröe nannte sein Gerät Strahlentransformator, weil es auf dem Transformatorprinzip beruht. An Stelle einer Sekundärwicklung ist eine evakuierte torusförmige Glasröhre (Bild 1) eingebaut, mit einer Wolfram-Glühkathode als Elektronenquelle. Die Elektronen werden tangential in den Kreisring eingeführt und durch ein Magnetfeld nahezu auf Lichtgeschwindigkeit beschleunigt. Nach Erreichen der Endgeschwindigkeit wird der gebündelte Strahl magnetisch ausgelenkt und auf ein Platinplättchen geschossen.
Durch diese abrupte Bremsung werden harte Röntgenstrahlen erzeugt. Diese Strahlen vermögen Stahlwände bis 50 cm Dicke zu durchdringen. Deshalb werden sie neben der medizinischen Tumortherapie (Bild 2) auch für die zerstörungsfreie Materialprüfung bei technischen Bauteilen (Bild 3) angewendet.
Das erste Betatron ist 1951 an das Universitätsspital Zürich geliefert worden. BBC hat rund 80 solcher Geräte für Spitäler, für die Metallurgie und für die Forschung gebaut, bevor 1986 das Know-how an die Firma Varian Medical Systems abgetreten worden ist.
Ich wünsche Ihnen, verehrte Leserin, verehrter Leser, viel Spass bei der Lektüre.
Norbert Lang
Bildegende
Strahlentherapie mittels Betatron in einem Spital.
(Bilder Archiv ABB)
